Vergleicht man das Finanz- und Rechnungswesen mit dem vor 20 Jahren, so hat sich auch in diesem Bereich sehr viel getan, und das Potenzial von Automatisierung und Digitalisierung ist gross. Corona hat dies geradezu beschleunigt und zahlreiche Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um Prozesse zu optimieren und dadurch Ressourcen einzusparen.
Warum überhaupt im Finanzbereich automatisieren?
Die Antwort ist ganz simpel: Die Möglichkeiten der Technologie von heute nutzen, um Ressourcen zu sparen.
Die Vorbereitung
Um optimal Automationen vornehmen zu können, müssen gewisse Sachen berücksichtigt und allenfalls einige Vorkehrungen getroffen werden, falls dies im Finanzbereich noch nicht umgesetzt wurde.
Zunächst stellt sich die Frage, ob bereits durchdachte Prozesse implementiert sind. Für die Automatisierung ist es wichtig, die Prozesse zu kennen, denn nur so lassen sich Teilschritte einwandfrei automatisieren. Ansonsten kann es passieren, dass der Prozess nicht mehr richtig funktioniert, da Teilschritte nicht aufeinander abgestimmt sind. Daher sollte vor einer Automation der gesamte Prozess überdacht und hinterfragt werden, um nachträglicher Aufwand zu sparen, falls Teilschritte wieder rückgängig gemacht werden müssen.
Standardisierung ist ein Schlüsselpunkt für die Automatisierung von Prozessen. Je standardisierter die Prozesse sind, desto besser kann automatisiert werden. Ausnahmen gibt es im Business natürlich immer, jedoch ist wichtig, dass die Mehrheit der Transaktionen standardisiert verarbeitet werden können, da viele Ausnahmen meist zusätzliche Vorkehrungen und damit zusätzliche Kosten bedeuten.
Was kann eigentlich automatisiert werden?
Heutzutage kann theoretisch fast alles von einem Experten automatisiert werden, die Frage ist nur, zu welchem Preis und mit welchem Aufwand. Daher sollte man den Nutzen ins Verhältnis zu Aufwand und Ertrag stellen. Sehr viele Schritte im Finanzbereich können kostengünstig mit geringem Aufwand in eine Software automatisiert werden, um der Finanzabteilung den Alltag zu erleichtern. Bei Fragen zu vorhandenen Anbindungsmöglichkeiten empfehle ich, den Support der Buchhaltungssoftware zu kontaktieren.
Prüfung von vorhandenen Möglichkeiten
Oft sind die Automationsmöglichkeiten gar nicht weit entfernt. Die meisten Buchhaltungsprogramme verfügen bereits über einige Schnittstellen, an die mit wenig Aufwand weitere Software angebunden werden kann. Daher lohnt es, sich über die vorhandenen Möglichkeiten zu informieren.
Nun kommen wir zu ein paar Beispielen zur Automation von Teilprozesschritten.
Kreditorenprozess / OCR
OCR (Opical character recognition), also die „erleichterte Dokumentenerfassung durch angewendete Künstliche Intelligenz“, ist bei vielen kein Fremdwort mehr. Gerade in der Kreditorenbuchhaltung kann dank OCR viel Zeit eingespart werden. Doch wie funktioniert das? Die Rechnung muss online verfügbar sein, entweder eingescannt oder als PDF. Man lädt die Rechnung in die Software, die dann die Daten, die man bei einer manuellen Buchung eingibt, automatisch ausliest. Konkret heisst das, die Adresse, der Betrag, die Währung, die Fälligkeit, der Text, das Rechnungsdatum können von der Software ausgelesen werden. In der Regel kann so auch ein neuer Kreditor erfasst werden. Bucht man die Rechnung eines Kreditors zum ersten Mal, so muss man das zu bebuchende Sachkonto selbst eingeben. Bei wiederkehrenden Buchungen schlägt die Software automatisch das entsprechende Sachkonto vor. Es muss dann lediglich noch kontrolliert werden, ob die zu verbuchende Rechnung auf dem vorgeschlagenen Konto korrekt verbucht ist.
Dies erspart viel Zeit, da die Daten nicht mehr alle händisch eingegeben, sondern lediglich noch kontrolliert und allfällig angepasst werden müssen.
OCR im Bereich KK-Abrechnung
Bei der Kreditkartenabrechnungen für Firmen mit vielen Positionen kann OCR eine sehr grosse Unterstützung sein.
Viele kleinere Firmen buchen die Positionen der Kreditkartenabrechnung gebündelt nach Kostenart, also zum Beispiel «diverse Softwarekosten Februar 22», da ihnen die personellen Ressourcen fehlen, um dies sauber auf Transaktionsbasis zu buchen. Dadurch geht allerdings die Transparenz einzelner Transaktionen verloren. Für jegliche Auswertungen der Zahlen (Reporting, Kennzahlen etc.) ist in der Regel die Finanzbuchhaltung die Datenbasis. Unsere Reports können also nur so gut sein, wie die Datengrundlage. Wertvolle Informationen bezüglich der einzelnen Transaktionen der Softwarekosten gehen somit verloren, und eine detaillierte Auswertung seitens der Buchhaltung wird dadurch nicht möglich sein.
Hier bietet eine OCR Software nicht nur Zeitersparnis, sondern verbessert auch die Basis der Finanzbuchhaltungsdaten durch Transparenz.
Reisekostenabrechnung
/Spesenabrechnung
Wer kennt nicht die mühsam auszufüllenden Excel-Tabellen für die Spesenabrechnung, bei der die Belege dann auch noch zusätzlich auf ein Blatt Papier aufgeklebt werden müssen.
Die gute Nachricht: Diese mühsame Arbeit gehört der Vergangenheit an. Es gibt verschiedene Tools, über die Spesenbelege einfach per App gescannt und dann direkt am Laptop/Computer verarbeitet werden können.
Einige Applikationen bieten zusätzlich die Möglichkeit, einen Freigabeprozess zwischenzuschalten werden kann.
Approvalworkflow von Rechnungen
Ein Rechnungsfreigabeprozess minimiert das Risiko von Betrug, denn Gelegenheit macht Diebe. Diesen Prozess kann man sehr gut automatisieren und digitalisieren. Manche Software bietet einen automatisierten Approval-Workflow, andere Tools bieten dies auch in Kombination mit OCR, was den Aufwand des Verbuchungsprozesses erleichtert und minimiert.
Die Rechnung wird eingescannt und einer verantwortlichen Person zur Rechnungsfreigabe zugesandt. Diese Person wird per Mail darüber informiert, dass sie eine ausstehende Rechnung zur Freigabe hat. Die Freigabe selbst kann meist mit ein paar wenigen Klicks vorgenommen werden. Sobald die erste Person die Rechnung signiert hat, wird die Person, welche für das zweite Visum im System hinterlegt ist, per Mail informiert, dass eine Rechnung für sie zur Freigabe vorliegt. Ist die Rechnung vollständig visiert, so wird die Buchhaltung darüber informiert, dass die Rechnung zur Buchung und Bezahlung bereit ist.
Diese Digitalisierung ermöglicht es, jederzeit zu sehen, wo sich intern eine Rechnung befindet, was sich in einem manuellen Prozess eher schwierig gestaltet.
Meine Empfehlung ist eine zweifache Freigabe der Rechnungen. Die erste Person ist diejenige, die die Ware oder Dienstleistung bezogen hat. Falls diese Person keine Unterschriftenberechtigung besitzt, geht die Rechnung an deren Vorgesetzten. Die zweite Person, welche die Rechnung freigibt, ist die finanzverantwortliche Stelle.
Bankabgleichung von Rechnungen
Je nach genutzter Buchhaltungssoftware bietet sich ein vereinfachter Abgleich der Zahlungen vom Banksystem an. Dazu muss das E-Banking mit der Buchhaltungssoftware verbunden werden. Anschliessend können die Transaktionen mittels Bank-Login-Daten direkt im Buchhaltungssystem der Bank abgeholt werden. Dies ermöglicht eine vereinfachte Verbuchung mit weniger Zeitaufwand, da das Buchhaltungssystem bereits verbuchte Rechnungen zum Abgleich vorschlägt. Diese Abgleiche können dann mit wenigen Klicks vorgenommen werden und die Eingaben einer vollständigen Buchung entfallen.
Fazit
Ein vergleichsweise kleiner Zeitaufwand, Finanzprozesse zu überdenken und allfälliges Potenzial zur Optimierung zu erkennen, lohnt sich also in jedem Fall. Corona hat die Digitalisierung nochmal beschleunigt und damit viele neue Möglichkeiten der Automatisierung geschaffen. Die Vorteile liegen neben einer Zeitersparnis auch in der Transparenz und Klarheit.
Arbeitet man tagtäglich in den eigenen Prozessstrukturen, ist es oft schwierig, das Optimierungspotenzial zu erkennen. Daher lohnt es sich, die Finanzprozesse durch einen Experten aus neutraler Sicht überprüfen und optimieren zu lassen.
Deine CFO Isabelle